Heute Abend bin ich also auf die Geburtstagsfeier derjenigen eingeladen, die in etwas über zwei Monaten meine Stiefschwester sein wird.
Anwesend sein werden vor allem: Menschen, die ich aus meiner Vergangenheit in alternativen Schulhof- Raucherecken, Antifa- Cafés und auf mittelmäßigen bis schlechten Punkkonzerten kenne. Und: Meine Mama nebst zukünftigem Stiefpapa.
Das Aufeinandertreffen von Menschen, die ich seit langer Zeit aus vollkommen unterschiedlichen Zusammenhängen kenne, ist neben wirrer Architektur mein am häufigsten auftretendes Traummotiv.
Das komische Gefühl, mit dem ich immer aus diesen Träumen erwache, macht sich heute erstmals vorträglich in mir breit. Mal sehen, was das gibt.

Note primarily to myself, aber natürlich auch an alle anderen, die es interessiert:
Statt vergeblich zu versuchen, die äußere Erscheinung des Blogs ein wenig zu verschönern, heute lieber den Paul Klee- Themenabend auf arte schauen.
Eine ganz hübsche interaktive Animation, so mit nah dran gehen und so, haben sie dazu auch gebastelt.

Wie hält man ein Baguette im Sitzen so, dass es cool aussieht? Im Gehen kann man fast nichts verkehrt machen, sitzt man aber in der Strassenbahn, weiß man sich nicht zu helfen.

Warum hat die Aktivistin gestern auf dem Campus wirklich allen Leuten, die in meiner Sichtweite standen und saßen, ihren Flugzettel in die Hand gedrückt und ist nur an der Bank, auf der ich saß, vorbeigelaufen? Sehe ich zu links, zu rechts, zu reich, zu arm, zu politisch desinteressiert, zu sowieso- schon- ausreichend- informiert aus, um zu ihrer Zielgruppe zu zählen?

Wie sieht die Baguette- Kultur in den Gegenden, in denen es eine gibt, aus? Gibt es dort Baguettes in singlefreundlichen Größen? Oder kauft man sich morgens ein frisches und isst es über den Tag verteilt? Macht es melancholisch, morgens in ein schön krosses Stück zu beissen und dabei zu wissen, dass das das andere Ende am Abend furchtbar weich und ausgetrocknet ist und man es mit sehr viel Flüssigkeit wird herunterspülen müssen? Gibt es gar Tricks, es schön frisch zu halten?

Haben die T- Shirts von Textil- Discountern so hässliche Aufdrucke, um sozial schwache zu stigmatisieren? Oder fahren andere Arme auf sowas ab?

Wann wird das Gerüst vor meinem Fenster endlich abgebaut? Was denken die darauf vorbeilaufenden Bauarbeiter über mich, der ich trotz des entsetzlichen Lärms ewig im Bett liegen bleibe und um viertel nach Vier immer noch barfuss vor dem Computer sitze?

Passend zur in diesen Tagen rauf und runter gehörten Peel Sessions 6 CD- Box nun auch ein wenig was für die Augen:
Ausschnitte aus Jan Svankmajers "Virile Games" unterlegt mit The Fall´s "Theme from Sparta FC".
Ob alle Beteiligten damit so einverstanden sind, dürfte fraglich sein (gerade zweitere sind ja nicht gerade dafür bekannt, mit überhaupt irgendwas einverstanden zu sein), toll geworden ist es auf jeden Fall:

Theme from Sparta F.C.

Erinnerung an ein Billardspiel im Herbst 1996.
Google verrät mir schnell, was aus den Beteiligten in der Zwischenzeit geworden ist.
Der eine: Auf dem Weg zum nächsten großen Heroen des deutschen Asi- Gangstarap, nach einem sehr erfolgreichen Mixtape Veröffentlichung des Debutalbums auf einem renommierten Label in diesem Sommer. Texte primär darüber, wem weshalb auf die Fresse gehört und wer warum mit wem ficken bzw. nicht ficken sollte. Wie lustig.
Eine weitere: Über einen längeren Zeitraum das "bad girl" unter den Viva- Moderatorinnen gewesen, danach Erfolg als deutscher Pink/ Avril- Klon. Aber natürlich viel besser, ehrlicher, authentischer, punkiger, eh klar. Wie lustig.
Der Dritte: Dipl.-Kfm. MBA. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl P&O seit Juli 2002. Betreut in diesem Semester die Vorlesungen "Strategische Unternehmensführung I" und "Strategische Unternehmensführung II". Wie lustig auch.
Und: Ich. Damals 14, heute 23, ohne das Gefühl, dass in der Zwischenzeit sonderlich viel passiert wäre. Ein Niemand, ein Dahindümpelnder, Noch- Immer- Wartender.
Und absolut unsicher, ob das in dieser Gallerie nun gut oder schlecht kommt.
Denke sofort an eine Stelle aus meinem Lieblingstext des letzten Max Goldt- Buches:
Man sollte an jedem Morgen, den der liebe Gott werden läßt, aufwachen und sagen: Mag sein, daß ich nicht mehr lange lebe, mag sein, daß ich arbeitslos bin, vielleicht schreibe ich läppische Romane für anspruchslose Frauen auf Flughäfen, vielleicht bin ich sogar eine sozial isolierte alte Lesbe, aber wenigstens muß ich heute kein Holocaust- Mahnmal entwerfen.
Kann Orientierungslosigkeit wirklich besser sein als das aus der eigenen beschränkten Perspektive als Mist erachtete, aber von den betreffenden Personen mit Begeisterung ausgeführte?
Oder würde ich, vor die Wahl gestellt, sogar mit, wasweissich, einem Bühnenbildner von Iron Maiden tauschen, der gerne Bühnenbildner von Iron Maiden ist?

Gut schmeckt er ja.
Es muss jedoch klar sein, dass man sich mit dem ersten Schluck eines Ginkgo- Kräutertees namens "Inspiration" für den Rest des Tages von jeglicher Aussicht auf ebensolche verabschiedet. Da kann man sie noch so sehr brauchen, z.B. zum Schreiben des ersten Blog- Eintrages.
(Verwandt ist dieser Tee mit den Moleskine- Notizbüchern, in die wahrscheinlich seit dem Tag, an dem beschlossen wurde, offensiv mit prominenten Benutzern zu werben, kein einziger interessanter Gedanke mehr geschrieben wurde. Vor Notizblöcken darf man keinen Respekt haben)