Ein paar Kaffee später dann irgendwie doch ein noch unbegründbares Gefühl, dass das in Wirklichkeit eine ganz gute Seite 1 ist.
Von wegen einmal die ganze Palette, ein vollständiges, nicht auf Mythen fixiertes Bild aufzeigen anstatt den Gangsta allein in den Vordergrund zu stellen, ohne jedoch etwas verharmlosend geraderücken zu wollen, Wirklichkeiten unbearbeitet abbilden.
Der Eindruck einer Art Rummelplatz- Freakshow bleibt trotzdem.
Ach, ich weiß doch auch nicht.

Neidische Blicke dürften zur Stunde über die Kochstraße geworfen werden.
Während BILD es die ganze Zeit über dann doch nicht schaffte, ohne wenigstens ein bißchen Scheinargumentation und Minimaleinwand auszukommen, zeigt man heute schräg gegenüber auf der Titelseite, dass man auch ganz ohne Ratio auskommt und es voll und ganz genügt, sich in die großen Probleme ein bißchen entsetzt reinzufühlen. Allenfalls die Bilder wären für Springer ein bißchen arty gewesen.
Es gibt Morgen, da hat man das Bedürfnis, zum asozialen Outlaw zu werden und Angst und Schrecken im ganzen verdammten kopfschüttelnden Frühstücksvolk von Bratwurst bis Dinkelmüsli zu verbreiten.

Die einen meinen, sie wären ein für allemal gescheitert, andere glauben, dass die Bedingungen derzeit einfach nicht gegeben sind.
Von derart reaktionärem Gerede lasse ich mich nicht beirren und beharre darauf, dass die revolutionären Lehren auch im Jahr 2006 in der Praxis anwendbar sind.

Denn der einzige wirklich diskutable Einwand gegen die kleine Neuerung ist, dass diese, während das Datum ja ohnehin unter jedem Eintrag steht, nicht mehr angezeigt werden und somit eine zum Aufspüren des Textfeelings manchmal wichtige Info fehlt. "Heute habe ich Erbsensuppe gegessen. Direkt aus der Dose. Kalt." z.B. ist ja mittwochs etwas ganz anderes als ostersonntags.
Dieser Tage macht das aber nichts, ich spüre nicht nur keine Wochentage, ich spüre nicht einmal Tageszeiten. Heute bin ich um 01:12 aufgestanden, an konventionellen Maßstäben gemessen viel zu früh aufstehen ist immerhin besser fürs Ego als, wie in den Wochen zuvor, viel zu spät.

Ich habe die Datumsangabe, die bisher in dicken Lettern über den Beiträgen eines Tages prangte, entfernt.
In einer offiziellen Stellungnahme begründete ich diese Entscheidung damit, dass ich mir von dieser Maßnahme mehr Mut zu Kurzeinträgen verspräche, es wird jedoch gemunkelt, dass dies die Faulheit der letzten Zeit ein wenig überpudern soll, worauf ich nur mit abwertenden Handbewegungen reagiere.
Geht das okay?

Es ist doch wichtig, Internet zuhause zu haben. Zur Information und zur Recherche, zur Partizipation an den politischen und kulturellen Diskursen unserer Zeit.
Denkt man sich und kümmert sich endlich.
Und das erste, was man nach der Installation tut, ist: Per ICQ über die Zubereitung von Hähnchenkeulen fachsimpeln, Bloodhound Gang- Videos schauen und sekundstufeeinsavantgardistische Fotos hochladen.
Habe einen Teil meines Lebens zurück.

Umgetauft von der Deutschen Bahn in "Idris".