Shopping II

Einer von vielen Anhaltspunkten dafür, dass ich mich an die Umgebung, in der ich nun auch schon über neun Monate lebe, nicht richtig gewöhnt, mich nie richtig auf sie eingelassen habe: Ich kann mir keine einzige Verkäuferin der Supermärkte, in denen ich regelmäßig einkaufe, merken, während mein Kopf noch voll ist von Gesichtern und Geschichten der Verkäuferinnen an früheren Wohnorten.
Im EXTRA in Essen- Frohnhausen gab es etwa eine recht sympathische Verkäuferin, die stets vor dem Einscannen des Pfandbons in Anlehnung an eine verblichene Vormittagsgameshow "Sieben Euro Dreiundneunzig, das wäre Ihr Preis gewesen!" ausrief und mit dem tatsächlich nach der Pfand- Subtraktion zu zahlenden Betrag erst herausrückte, wenn man mindestens freudig geschnauft oder "Hahaha, und nun?" gesagt hatte. Mit diesem Gag brachte sie ein wenig Schwung in ihren Arbeitsalltag, was ihr absolut zu gönnen ist. Nur leider fällt es nach einer gewissen Zeit immer schwerer, mit der notwendigen Glaubwürdigkeit amüsiert zu sein. Wenn ich einen Pfandbon abzugeben hatte, stellte ich mich irgendwann nach Möglichkeit an einer anderen Kasse mit grimmigerer Verkäuferin an.

Shopping I

campbells Angebot im USA- Regal der Lebensmittelabteilung einer großen deutschen Warenhauskette: Original Campbells Tomatensuppe, im klassischen, von Warhol für die Ewigkeit festgehaltenen Design. Für 3,69 € die Dose, ein Preis also, für den man im gleichen Produkt der deutschen Tochterfirma Erasco nahezu baden könnte.
Wie ist das ganze nun vom Kunstwerk ausgehend zu betrachten?
Aufwertung endlich vollständig gelungen, da es der triviale Gegenstand nicht nur ins Museum geschafft, sondern es auch im richtigen Leben zum Objekt, dem besondere Aufmerksamkeit zuteil wird, gebracht hat?
Oder ist die Aussage des Bildes zerstört, wenn das dargestellte Objekt durch den Preis und außerkunstliche Fetischisierung seiner Trivialität beraubt wird? Dem jungen Betrachter, dem Warhols Kunst bislang nicht vertraut ist, der sich jedoch im Karstadt- Sortiment auskennt, muss sich beim erstmaligen Betrachten des Bildes ja an die Zurschaustellung von Statussymbolen, wie er sie aus Hip hop- Videos kennt, erinnert fühlen.

Fest steht eigentlich nur: Warhol hätte keins von beidem gesagt. Eher so was wie "Hmm...yah, ahm, realized that, ahm, really, kinda... strange, ahm, cool."

Gekauft werden die 3,69- Dosen dann vermutlich von Nadine und Raphael aus Bernd Begemanns Song "Die witzige WG" (Text leider nicht online gefunden). Sie kippen die Tomatensuppe weg, schmirgeln die scharfe Kante ein wenig ab und benutzen die Dose als Stiftehalter.

/quote

"Having been fucked is no excuse for being fucked up." (Kimya Dawson)

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